KÖNIGIN DES HEILS – MISTEL
Die Mistel (lat.: Viscum), im Volksmund auch Albranken, Bocksfutter, Donnerbesen, Drudenfuß, Geißkraut, Hexenbesen, Hexenkraut, Hexennest, Kenster,
Kreuzholz, Vogelkraut, Vogelleimholz, Wintergrün genannt.
Für die einen ist der immergrüne Halbschmarotzer an Laub-, Nadel- und Obstbäumen ein
glücksbringender Weihnachtsschmuck, für die anderen eine Heilpflanze.
Die kugeligen, wurzellosen Gebilde sind nach dem Laubfall in den Baumkronen
vor allem von Pappeln, Weiden, Linden, Robinien und Apfelbäumen gut zu erkennen. Die klebrigen, für den Menschen giftigen Scheinfrüchte dienen Vögeln
als Nahrung. Die unverdauten Samen werden an anderer Stelle wieder ausgeschieden und tragen so zur Vermehrung bei. Eine andere Art der Vermehrung
besteht darin, dass die Vögel nur das Fruchtfleisch fressen und die am Schnabel haftenden klebrigen Samen an anderer Stelle wieder abstreifen.
Die keltischen Priester, die Druiden, waren als Heilkundige bekannt und verwendeten die "Allesheilende", wie sie die Mistel nannten, als
Heilpflanze gegen viele Krankheiten, besonders gegen Epilepsie, Schwindel und Unfruchtbarkeit. Heute werden aus den Blättern Medikamente gegen
Bluthochdruck und Arteriosklerose gewonnen. Einen besonderen, aber umstrittenen Stellenwert hat die Mistel in der alternativen Krebstherapie. Die
Vorstellung, dass der Entzug von Wasser und Nährstoffen beim Wirtsbaum zu dessen Absterben führt und dieser Vorgang auch auf einen Tumor übertragen
werden kann, indem der Tumor ausgetrocknet wird und in der Folge ebenfalls abstirbt.
Mistelpräparate sollen nach Herstellerangaben nicht nur die
Begleitsymptome einer Krebserkrankung erträglicher machen, sondern auch das Tumorwachstum hemmen. Insbesondere letzteres wird in medizinischen
Fachkreisen kritisch gesehen. Siehe hierzu die Bewertung der Misteltherapie in den Leitlinien zum Mammakarzinom:
6.6.8. Misteltherapie
Sowohl die Cochrane-Analyse von Horneber et al. (2008) [1464] als auch das systematische Review von Ernst et al. 2003 [1485] kommen zu der Schlussfolgerung, dass die meisten der bisher veröffentlichten Studien zur Misteltherapie nicht von ausreichender Qualität sind. Methodisch belastbare Studien zeigen keinen Effekt der Misteltherapie auf relevante Endpunkte wie Überleben. Ein Review zur Lebensqualität [1486] zeigt Hinweise zur Steigerung der Lebensqualität unter Misteltherapie auf, die Daten basieren jedoch auf Studien von deutlich geringerer Qualität.
Quelle: Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, Version 4.4, 2021, AWMF Registernummer: 032-045OL, https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/mammakarzinom/ (abgerufen am: 18.07.2023)
Vor allem in England erfreut sich die Mistel großer Beliebtheit, denn dort heißt es: "Kein Mistelzweig - kein Glück". So wurden früher Mistelkugeln in Ställen, Scheunen und Häusern aufgehängt, um Mensch und Tier vor bösen Geistern und schlechten Träumen, aber auch vor Blitzschlag und Feuer zu schützen. Es war auch Brauch, Mistelzweige in Brautkränze einzuflechten, um dem Brautpaar Glück und Fruchtbarkeit zu bringen. Auch wenn Braut und Bräutigam unter einen Mistelzweig traten, erhoffte man sich diese wünschenswerten Eigenschaften. Viele dieser alten Bräuche werden auch heute noch oder wieder praktiziert.